Wo immer Menschen zusammenkommen, treffen Befindlichkeiten, Talente und unterschiedliche Bedürfnisse aufeinander. Liegen diese weit auseinander, kann einem schon mal der Geduldsfaden reißen. Persönlichkeitsmodelle sollen Verständnis schaffen für das Repertoire an menschlichen Verhaltensweisen.
Persönlichkeitsmodelle beschreiben unterschiedliche Verhaltensmerkmale. Ziel ist es, das menschliche Verhalten auf den größtmöglichen gemeinsamen Nenner zu bringen, damit sich am Ende jede*r wiederfindet. Ganz neu ist das nicht. Schon die alten Griech*innen sollen sich darüber Gedanken gemacht haben, welche Faktoren die Persönlichkeit eines Menschen bestimmen. Sobald man glaubte, die „Grundstoffe“ gefunden zu haben, packte man sie in ein Modell. Das hat sich in den dazwischen 2000 Jahren Menschheitsgeschichte bis heute nicht geändert. Was bei den Griech*innen jedoch noch auf Körpersäfte (Blut, Schleim, Galle) und deren Zusammensetzung beruhte, wird heute mit Fragen zur Selbst- und Fremdeinschätzung zu bestimmen versucht.
Folgende Modelle zeigen den Versuch, Persönlichkeit zu schematisieren.
Das Modell, das seit den 1930er-Jahren von Psycholog*innen entwickelt wurde, geht davon aus, dass die Persönlichkeit eines Menschen von 5 Faktoren bestimmt wird: Neurotizismus, Extraversion, Offenheit für Erfahrung, Gewissenhaftigkeit und Verträglichkeit.
Bei den Big Five wird nicht gefragt, ob die Faktoren eine Persönlichkeit bestimmen, sondern wie stark. Alle tragen also alle Faktoren in sich. Der Test, der dabei hilft, sich auf den 5 Skalen einordnen zu können, umschließt eine Reihe an Aussagen, denen man stark bis gar nicht zustimmen kann.
Der Psychologe Dr. Satow schreibt unterschiedlichen Berufsgruppen bestimmte Persönlichkeitstendenzen zu. Während zum Beispiel Arbeiter*innen und Beamt*innen bei den Faktoren Offenheit und Extraversion geringe Werte aufwiesen, zeigten Selbstständige sehr hohe Offenheits-Werte und sehr geringe Neurotizismus-Werte. Übersetzt heißt das: Beamt*innen brauchen mehr Sicherheit. Unternehmer*innen-Persönlichkeiten sind risikobereiter. Die Werte von Angestellten bewegen sich bei den fünf Faktoren im Übrigen auf mittlerem Niveau, so Dr. Satow. [2]
Sogar die ideale Führungskraft ließe sich anhand der Big Five identifizieren. Ihr Persönlichkeitsprofil besteht nach Pierce J. Howard und Jane Mitchell Howard aus diesen Tendenzen: niedrige N(eurotizismus)- und V(erträglichkeits)-Werte, hohe E(xtraversions)-, O(ffenheits)- und G(ewissenhaftigkeits)-Werte.
Gleichwohl betonen die Autor*innen, dass es sich um Tendenzen handelt. Eine Führungskraft müsse zum Beispiel auch in einem gewissen Umfang V-Werte aufweisen, um die Beziehung zu den Angestellten nicht zu verletzen. [3]
DISG® ist ein bekanntes Persönlichkeitsmodell, das von dem amerikanischen Psychologen John G. Geier in den 1970er-Jahren entwickelt wurde [4]. Im Gegensatz zum Modell der Big Five wird hier versucht, Persönlichkeit in vier Grundverhaltensweisen (dominant, initiativ, stetig und gewissenhaft) einzuteilen.
Auch das DISG® Persönlichkeitsmodell geht davon aus, dass alle diese Verhaltenstypen im Menschen angelegt sind. Meist würden jedoch ein bis zwei stärker hervortreten. Daraus ergibt sich dann der Persönlichkeitstypus z.B. initiativ oder initiativ-dominant. Die Testverfahren verschweigen nicht, dass die Zuordnung zu einem Verhaltenstyp auch vom Umfeld beeinflusst wird. So können sich berufliche D´s privat beispielsweise als I´s verhalten.
Wir bei mensch & kommunikation nutzen eine Weiterentwicklung des DISG® Modells, nämlich Insights Discovery® für die Themen Persönlichkeitsentwicklung, Teamentwicklung und Führungskräftetraining.
Persönlichkeitstypen und Kommunikation
Jeder Typ hat seinen eigenen Kommunikationsstil. Während D-Typen eher klar und bestimmt kommunizieren, werden sich I-Typen einer eher emotionaleren Sprache bedienen. Aber nicht nur das. Jeder Persönlichkeitstyp braucht auch eine andere Form der Ansprache.
Menschen, die großen Handlungsspielraum brauchen (hier: D-Typ), möchten ungern vor vollendete Tatsachen gestellt werden. In der Kommunikation kann es hilfreich sein, Ihnen Optionen vorzuschlagen und sie an der Entscheidung aktiv teilhaben zu lassen.
Menschen mit vielen Ideen (hier: I-Typ) brauchen Raum, diese auch frei zu äußern. Es kann förderlich sein, sie aktiv nach ihrer Meinung zu fragen.
Menschen, die sich mit schnellen Veränderungen schwer tun (hier: S-Typ), kann es helfen, ihnen in der Kommunikation einen Weg mit klaren Zwischen-Schritten aufzuzeigen, an denen sie sich orientieren können.
Menschen, die stets darum bemüht sind, alles richtig zu machen (hier: G-Typen), kann man entgegenkommen, indem man sich für ihre kritischen Bedenken Zeit nimmt. Kommunizieren Sie ihnen, warum Dinge getan werden müssen, um ihren analytischen Geist zufriedenzustellen.
Modelle wie die Big Five gehen davon aus, dass die Ausprägungen der Faktoren ab etwa dem dreißigsten Lebensjahr stabil bleiben. Wo bleibt da die persönliche Entwicklung? Akzeptanz der eigenen Anlagen – das trifft es bei den Big Five am ehesten. Entwicklungstipps für die eigene Persönlichkeit gibt es beim DISG®-Modell bzw. beim uns verwendeten Insights Discovery®-Modell. Bei jedem Persönlichkeitstyp werden mögliche Schwächen z.B. Ungeduld benannt, die man durch Bewusstwerdung kontrollieren könne. Gemeinsam haben Persönlichkeitsmodelle am Ende vor allem eines: Sie sollen die Beobachtung schulen. Entwickelt werden darf in dieser Hinsicht der verständnisvolle Umgang mit sich selbst und den Menschen in der eigenen Umgebung.
Fazit
“If you have children, you know it is futile to raise your voice, repeat your guidance (if I told you once, I told you a thousand times)” [5]
Mensch haben zwei Ohren, zwei Augen und einen Mund – und trotzdem hören, sehen und sprechen sie verschieden. Dieser kurze Abriss über Persönlichkeitsmodelle ersetzt kein angeleitetes und durch Testverfahren erstelltes Persönlichkeitsprofil. Er soll einen Einblick geben, wie versucht wird, Persönlichkeit ›zu fassen‹ und ›zu ordnen‹. Ob es das braucht? Als Stütze für den Verstand können sie hilfreich sein. Von da aus ist der Weg vom Geschrei zur Frage »Was könnte der*die andere stattdessen brauchen?« nicht mehr ganz so weit. Aber Obacht: Modelle arbeiten mit Kategorien (und Typen z.B. DISG®). Sie basieren auf Statistiken, sind menschengemacht und keine Naturgesetze. Fremdanalysen sind fehlerbehaftet. Wer mit Ärger auf „un-typisches“ Verhalten reagiert, hat nichts gewonnen.
Wichtig ist natürlich noch festzuhalten, dass Persönlichkeitsmodelle nicht nur dazu gedacht sind, die Menschen um sich herum zu analysieren. Der erste Blick richtet sich auf die eigenen Verhaltensmuster. Für den ein oder die andere können diese Modell ein erster Zugang zur eigenen Persönlichkeit sein.
Inspirationszitat zum Schluss:
»Jeder ist ein Genie! Aber wenn du einen Fisch danach beurteilst, ob er auf einen Baum klettern kann, wird er sein ganzes Leben glauben, dass er dumm sei.« [6]
Quellen
Howard, Pierce J./Howard, Jane Mitchell (2008): Führen mit dem Big-Five-Persönlichkeitsmodell. Das Instrument für optimale Zusammenarbeit. Aus dem Englischen von Silvia Kinkel. Sonderausgabe Handelsblatt. Frankfurt/New York
Satow, L. (2012). Big-Five-Persönlichkeitstest (B5T): Test-und Skalendokumentation. Online im Internet: URL: http://www.drsatow.de. Abgerufen unter: https://www.psycharchives.org/bitstream/20.500.12034/423/1/PT_9006357_B5T_Forschungsbericht.pdf (zuletzt 28.04.2019).
Seiwert, Lothar/Gay, Friedbert (2016): Das 1×1 der Persönlichkeit. Mehr Menschenkenntnis & Erfolg mit dem persolog® -Modell. 30., völlig neu überarbeitete und aktualisierte Auflage, München.
[1] Behaviorists without children. URL: https://managementblog.org/ (abgerufen, 03.05.2019)
[2] Satow, L. (2012). Big-Five-Persönlichkeitstest (B5T): Test-und Skalendokumentation. Online im Internet: URL: http://www.drsatow.de. Abgerufen unter:https://www.psycharchives.org/bitstream/20.500.12034/423/1/PT_9006357_B5T_Forschungsbericht.pdf (zuletzt 28.04.2019).
[3] Howard, Pierce J./Howard, Jane Mitchell (2008): Führen mit dem Big-Five-Persönlichkeitsmodell. Das Instrument für optimale Zusammenarbeit. Aus dem Englischen von Silvia Kinkel. Sonderausgabe Handelsblatt. Frankfurt/New York, S. 107.
[4] Er baut dabei auf den Ergebnissen der Verhaltensforschung von Moulton W. Marston aus den 1920ger-Jahren auf.
[5] Behaviorists without children. URL: https://managementblog.org/ (abgerufen, 03.05.2019)
[6] Dieses Zitat wird Albert Einstein zugeschrieben.
Die gute Nachricht ist: JA, emotionale Intelligenz lässt sich erlernen und weiterentwickeln. Hierzu gibt es verschiedene Möglichkeiten, die eigene emotionale Intelligenz zu stärken oder als Organisation gezielte Schritte zur Förderung bei Mitarbeitenden und Führungskräften zu unternehmen:
Selbstwahrnehmung: Der erste Schritt zur Entwicklung emotionaler Intelligenz besteht darin, sich selbst bewusster zu werden. Das bedeutet, in der Lage zu sein, die eigenen Emotionen zu erkennen und zu verstehen und wie sie das eigene Verhalten beeinflussen. Dabei kann es helfen, beispielsweise aktiv über die eigenen Emotionen nachzudenken und Muster im Verhalten zu identifizieren.
Um Empathie zu entwickeln, ist es wichtig, anderen aktiv zuzuhören und zu versuchen, Dinge aus ihrer Perspektive zu sehen. Empathie lässt sich üben, indem man sich in die Perspektive eine andere Person versetzt und sich vorstellt, wie diese sich fühlen könnte. Dadurch kann man ein tiefes Verständnis für andere entwickeln und stärkere Beziehungen aufbauen.
Emotionale Regulation kann man durch Techniken zur Stressbewältigung und Angstbewältigung erlernen, wie zum Beispiel Achtsamkeitsmeditation, tiefes Atmen oder Bewegung. Ebenso kann man üben, die eigene Reaktion auf eine Situation oder eine E-Mail zu verzögern, bis man genügend Zeit hatte, die Emotionen zu verarbeiten und auf eine rationalere Weise zu reagieren.
Soziale Fähigkeiten baut man aus, indem man bewusst aktives Zuhören, Durchsetzungsvermögen und Konfliktlösung übt. Beispielsweise ist es hilfreich, Beziehungen zu Menschen aus unterschiedlichen Kulturen aufzubauen, um eine breitere Perspektive zu entwickeln und mehr Empathie für andere zu zeigen.
Die Entwicklung emotionaler Intelligenz ist ein lebenslanger Prozess, der kontinuierliches Lernen und Wachstum erfordert. Bücher, Artikel, Podcasts etc. zu diesem Thema oder auch Workshops und Schulungen sind eine gute Unterstützungsmöglichkeit und bieten wertvolle Tipps zum Weiterentwickeln der eigenen emotionalen Intelligenz.
Emotionale Intelligenz hat in den letzten Jahren im beruflichen Kontext zunehmend an Bedeutung gewonnen und trägt maßgeblich zu beruflichem Erfolg bei. Vor allem emotionale intelligente Führungskräfte sind entscheidend, um ihre Teams gut und effektiv zu führen. Durch bewusste Auseinandersetzung mit den eigenen Emotionen und denen anderer und gezieltem Training lässt sich emotionale Intelligenz stärken.